Dr. rer. soc. Marianne Jarka moderiert
Lara
Deutschland 2019 / FSK 0 Jahre
Regie: Jan-Ole Gerster
Darsteller: Corinna Harfouch, Tom Schilling,
Rainer Bock, Volkmar Kleinert,
Mala Emde u.a.
Länge: 98 Minuten
Lara Jenkins, eine geschiedene frühpensionierte Beamtin (gespielt von Corinna Harfouch) wirkt frustriert, unfreundlich und abweisend. Das erlebt jede Person, die ihr an einem ausgewählten Tag auf ihren Wegen durch Berlin begegnet. Auch ihr Sohn Viktor, ein junger aufstrebender Pianist (Tom Schilling) leidet unter ihrer respektlosen Art. Lara sucht wiederholt seine Nähe und Begegnungen, dann wendet sie sich ab und hält ihn wieder auf Distanz.
Seine musikalischen Fähigkeiten entwertet sie, obwohl Viktor offensichtlich das Talent hat, ein großer Künstler zu werden. Dabei hat Lara selbst diese besondere Begabung ihres Sohnes über Jahre gefördert, indem sie ihn als Klavierlehrerin mit großer Strenge unterrichtete. Sein bevorstehender Erfolg scheint nun zwischen den beiden zu stehen, offensichtlich kann sie den nur schwer ertragen.
Warum erscheint Lara so reserviert und herzlos, was treibt sie an und was geht in ihr vor? - Im Film gibt es keine Rückblenden und keine inneren Monologe, die das Verhalten der Protagonistin erklären könnten. Gerster liefert auf all diese Fragen keine schnellen Antworten. Er erzählt mit seinem Film nicht einfach eine Geschichte, vielmehr erstellt er das Psychogramm einer Frau, das sich dem Zuschauer – teils durch nebensächliche Bemerkungen und subtile Gesten – zunehmend erschließen kann. Die Charaktere wirken greifbar, nicht konstruiert. Auch die Nebenrollen sind überzeugend besetzt.
Der Erfolg des Films, der für mehrere Preise nominiert war, ist vor allem Corinna Harfouch und ihrer großartigen schauspielerischen Leistung zu verdanken. Scheinbar mühelos gelingt es ihr, Lara in all ihren Facetten darzustellen. Auch Tom Schilling als Sohn Viktor vermittelt glaubhaft, wie abhängig er von seiner Mutter und ihrer Anerkennung ist und wie sehr er sich durch sie verunsichern lässt. Der Zuschauer leidet mit ihm und man fragt sich, ob hier eine Entwicklung möglich ist.
Aus psychoanalytischer Sicht ist dieser Film lohnend, weil er komplexe Problematiken sowie menschliche Lebensfragen und Konfliktfelder thematisiert und aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet. Somit bietet er reichhaltig Stoff für eine Diskussion, die interessant werden könnte.